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Kurzgeschichten
von Euch, für Euch
Des einen Freud, des anderen Leid!
Zwei kleine Hasen bauen gleichzeitig je eine Höhle,
beide Höhlenein- und -ausgänge liegen gegenüber. Tag ein Tag aus graben die
beiden Hasen an ihren Bauten, natürlich schielen sie immer wieder zur
gegenüberliegenden Höhle, um zu sehen, was der andere gerade macht. Als der eine
Hase sieht, dass der andere eine Pause macht und vor seiner Höhle scharwenzelt,
macht er ebenfalls eine kleine Rast.
„Na, schon fertig?“
„Ne, ich überlege mir gerade, ob ich noch ein paar Notausgänge einbauen soll.
Die Weibchen stehen auf Sicherheit!“
Der andere Hase rümpft seine Nase.
„Weibchen wollen grosse und geräumige Höhlen, nicht so einen windschiefen
Mausbau!“
Eifersüchtig kontert der andere.
„Meinst du deine Höhle sei besser als meine? Wetten, den Weibchen wird nur meine
Gefallen!“
„Das könnte dir so passen! Ich werde die schönste Höhle weit und breit haben –
das schöre ich dir!“
Beide Hasen drehen sich die Rücken zu und reden von da an kein Wort mehr
miteinander. Besessen beginnen die Hasen einen Wettstreit um die schönste Höhle,
sie buddeln und buddeln Tag und Nacht! Der linke Hase gräbt einen Notausgang
nach dem anderen, während der rechte Hase seine Anlage nicht nur länger und
breiter macht, sondern auch höher! Die Hasen zählen kaum die Tage an denen sie
buddeln, anstatt auf Brautschau zu gehen, doch plötzlich hält der linke Hase
inne, denn er bemerkt, wie spät es ist! Die Weibchen warten nicht alle Ewigkeit,
bis sie einen Partner aussuchen! Ein wenig benommen hoppelt der linke Hase zum
Höhlenausgang, erstaunt blickt er zu seinem Nachbarn.
„Wow...“
Der rechte Hase hat eine wahre Villa gebaut, kein anderer Hasenbau kann sich mit
dieser Geräumigkeit messen, auch ist der Eingang so hoch und breit, dass drei
Hasen zeitgleich neben und übereinander hineingehen könnten.
Stolz trabt der rechte Hase aus seiner Höhle und ruft schnippisch zu seinem
Rivalen.
„Ha, da staunst du, was?“
Auch wenn der linke Hase ein wenig Neid verspürt, so muss er doch zugeben, dass
der andere ein wahres Wunderwerk erschaffen hat.
„Ja, deine Höhle ist wirklich prächtig, alle Achtung! Du hast die Wette
gewonnen!“
„Was habe ich dir gesagt, meine Höhle ist die beste! Jedes Weibchen wird darauf
abfahren!“
In diesem Moment springt ein Fuchs aus dem Gebüsch, während Tagen hat er dem
rechten Hasen zugesehen, wie er seine Höhle gräbt.
Sofort springt der linke Hase in seinen Bau und versteckt sich dort, der rechte
macht es ihm nach und versteckt sich in seiner grosszügig gebauten Höhle. Lässig
und ganz in Ruhe marschiert der Fuchs zur rechten Höhle, staunend blickt er nach
Links und nach Rechts, um dann in der Höhle zu verschwinden. Ganz hinten findet
er den rechten Hasen bibbernd im Bau.
„He Hase, hast einen wirklich geräumigen Bau gegraben. Als ich sah, was du
machst, dachte ich, abwarten und graben lassen! So muss ich schon keine Bauen!
Doch das Warten und Zusehen hat mich hungrig gemacht – hm – nimm’s nicht
persönlich, aber das ist der Lauf der Dinge!“
Gierig schlingt der Fuchs den rechten Hasen hinunter und nistet sich dazu noch
in seinem Bau ein. Der linke Hase sieht noch ein letztes mal zur Höhle seines
ehemaligen Rivalens, dann verschliesst er diesen Ein-, Ausgang.
Manchmal ist es besser weniger zu haben, als alles zu wollen.
© 17. 03. 2008 Stevie Pfund
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