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Filmarchiv
Wanderhure...die
SDP
1414
Konstanz: König Sigismund hat endlich genug, er will keine drei Päpste im
Abendland, der Adel soll sich für einen entscheiden. Deswegen lädt er zum Konzil
nach Konstanz ein.
Die Stadt hat nur einige Tausend Einwohner, darunter auch die Familie Schärer
die mit Tüchern handelt. Der Vater versprach seiner Tochter Marie, das sie ihren
Mann selbst wählen darf. Doch bisher tat sie es nicht. Wegen dem Konzil hoffen
alle auf reiche Geschäfte, so auch die Schärer. Erst recht als Graf von Keilburg
ihnen anbietet, seinen unehelichen Sohn, den Bastard, Ruppertus anzuerkennen, so
wäre er nach seinem Tod Graf und mit Maries Mitgift ein anerkanntes Mitglied des
Adels. Damit müssten aber Marie und Ruppertus heiraten! Marie gefällt dies ganz
und gar nicht, sie liebt bereits den Michel. Doch Vater Schärer unterschreibt
das Heiratsdokument. Die Familie von Keilburg hat es aber eher auf das Geld
abgesehen, als das Ruppertus Marie heiraten möchte. Ruppertus bezahlt und
schmiert Wachen, Richter und das Mündel (Lehrling) von Schärers. Es wird
behauptet das Marie Unzucht mit mehreren Männern trieb. Im Kerker wird sie von
mehreren Männern vergewaltigt. Als der Vater von Marie eine Wache angreift, wird
er erstochen. Marie wird zu Peitschenhieben und Verbannung verurteilt. Ruppertus
übernimmt den Reichtum und das Haus in Konstanz von den Schärers. Marie springt
in den Fluss und wird für tot gehalten. Einige Huren finden Marie am Ufer,
Hiltrud hat erbarmen mit ihr, sie bezahlt Maries Pflege. Um zu Überleben muss
Marie, die sich nun Hannah nennt, prostituieren. Sie will sich hoch schlafen, um
Rache an ihrer Pein zu nehmen. Dazu will sie sogar Sigismund verführen...
Das grösste Problem ist hier wohl, dass es ein Fernsehfilm ist, der nur über ein
begrenztes Budget verfügt und das Budget nur leidlich angewendet wurde. Sieht
man sich den Film als Fernsehfilm Soap Opera an, dann wurde alles richtig
gemacht. Das Cast kann sich sehen lassen, es gibt Intrigen, Kostüme usw.. Aus
der Sicht eines Historienfilmes...iiiih. Ich habe schon selbst erfahren, wie
hart Mittelalterfans sein können, wenn es um richtige Kleidung, Fakten usw.
geht. Hier wurde alles auf Hochglanz gedreht und vereinfacht dargestellt, das
mag aber auch an der Vorlage liegen. Im Interview, auf der DVD, spricht das
Autorenpaar über ihren Roman. Daraus lässt sich ableiten, sie lasen einige
historische Bücher und schrieben dann selbst einen (mehrere) Romane über diese
Epoche. Beschränkt man sein Wissen aber auf ein Gebiet, oder Stadt, einen kurzen
Zeitrahmen, ergibt das kein einheitliches Bild (von dieser Vergangenheit). Das
Konzil war damals ein „Mega-Event“, müsste man es vergleichen würde ich die
Mondlandung oder die Hochzeit von Prinz Charles und Diana einwerfen, aber auch
das ist noch zu wenig gegriffen. Es ging damals um nichts weniger als die
Einigung der katholischen, christlichen Welt, mitunter regierten 3 Päpste das
Abendland! Die Spaltung war immens, Kriege und Schlachten verheerten die Länder,
es musste dringend eine Einigung her. Deswegen kamen Fürsten, Könige, Kardinäle,
x Adel nach Konstanz, sie brachten Soldaten, Gesinde und vieles mehr mit. Alle
mussten versorgt werden, dazu brauchte es Händler, aber auch Huren. Riesige
Zeltstädte wurden errichtet und Konstanz auf mehrere Zehntausend Einwohner
aufgeblasen. Und jetzt kommt der Fernsehfilm die Wanderhure... Im Buch kann man
vieles beschreiben, dort mag es sich gut anhören und die Vorstellung im Kopf
spiegelt dann dies wieder. Im Filmwesen muss man entweder ein grösseres Budget
aufbieten, Animation generieren oder die Story anpassen. Keines von den drei
Aspekten wurde gemacht, zwar wurde Animation verwendet, aber nur um z.B. die
Stadt aus der Vogelperspektive zu zeigen. Viele Statisten/innen standen auch
nicht zur Verfügung, um zum Beispiel den „Hurenaufstand“ zu filmen, der hier
schon etwas mager aussieht. Aber auch die Ankunft von Königen, Fürsten und
Kardinälen wäre jedes mal ein Schauspiel gewesen. Ähm, Sigismund reitet hier mit
ein, zwei Soldaten in die Stadt hinein...wie gesagt das Budget. Das alles könnte
man ja noch irgendwie verzeihen, wenn das Cast mehr Leistung erbringt, so das
der Film vom Cast getragen wird. Tut es leider nicht. Ich sehe Neldel wirklich
sehr gerne, aber hier ist ihre Darstellung einfach zu schwach, zu wenig
intensiv, sie spürt das Leid, das wahre Mittelalter nicht. Sie steht unter
Anklage von Unzucht, wird in den Kerker gebracht und steht aufrecht, trotzig da!
Äh? Als wüsste sie nicht, was ihr blüht. Eine freie Bürgerin wird mit einer
solch schweren Anklage versehen, damals war Folter das normale Prozedere, um
Geständnisse herauszupressen. Allen war klar, was geschieht wenn jemand in den
Kerker muss. Neldel steht im Kerker, macht ein Gesicht als würde sie sagen: oh
kuck mal, ein Kerker von innen, wie drollig. So geht das den ganzen Film über,
aber nicht nur sie, sondern auch die anderen verstehen zwar eine Soap Opera,
fühlen jedoch kein Mittelalter. Götz Otto als König, es fehlt der Pomp, der
Glanz, Becker als Hure, ihr Gesicht, ihre Augen sagen stets etwas anderes. Das
wurde scheinbar auch von den Filmemacher/innen bemerkt, deswegen gibt es immer
wieder „Flashbacks“ die dazu dienen, die Intensität der Gefühle zu erhöhen, weil
es zum Beispiel Neldel nicht mit ihren Gesten rüber bringen kann, weil sie es
nicht fühlt.
Dann passieren auch noch x Fehler, zum Beispiel: die Handlung spielt 1414
(gemäss Intro), doch auf der Heiratsurkunde steht 1410! Dieser Fehler wird wohl
darauf beruhen, das Kostüm- und Bautenbildner/innen das Buch als Vorlage nahmen.
Die gesamte Zeitspanne, in der alles spielt, wurde im Film stark verkürzt.
Sigismund lud natürlich nicht erst 1414 zum Konzil, sondern schon viel früher.
Nur schon die Anreise von einigen Anwesenden würde Monate dauern. Die
Vorbereitungen waren immens und kosteten nicht nur Zeit sondern auch Geld. Also
müsste die Geschichte von Marie einige Jahre früher stattgefunden haben, damit
ihre Wunden heilen konnten usw.. Wer den Film ansieht, hat das Gefühl alles
spiele sich in einigen Monaten ab. Oder wenn es um Historie geht, Marie soll
sich in Schaffhausen mit dem Verräter treffen. Das liegt eigentlich nahe, da es
eine grössere Stadt am Rhein ist. Zufälligerweise lebe ich ja in dieser Stadt
und weiss das Römer bei der Gründung beteiligt waren. Weil Schaffhausen ein
Umschlagplatz für Waren war, da der Rheinfall die Schifffahrt behinderte. Die
Waren mussten somit in Schaffhausen an Land gebracht werden, um sie über Land
nach Neuhausen zu bringen, wo sie wieder auf Schiffe geladen werden konnten. Wie
Schaffhausen dargestellt wird...kein Kommentar, in Mittelalterforen würden sie
sich die Haare raufen. Oder die Schrift von damals war eine andere als heute.
Wenn nicht Latein benutzt wurde, dann Mittelalterhochdeutsch, mitunter auch
Französisch, aber sicher kein heutiges Schriftdeutsch!
Jetzt kommt aber ein wirklich gewichtiger Einwand, sobald ich das Cover des
Filmes sehe, weiss ich eigentlich, ohne das Buch gelesen zu haben, wie er
ablaufen wird. Leider ist er genau so abgelaufen, wie ich es dachte. Das ist
nicht wirklich spannend, weder fesselnd. Um alle die Mankos ausgleichen zu
können, hätte das Cast 200 % geben müssen, aber sie gaben nur so viel, wie eine
spanische Soap Opera hergibt. Fazit: Das Cast ist bekannt und eigentlich
wirklich sehenswert, die Geschichte ist zu einfach gestaltet, es wird ein
Hochglanz poliertes Mittelalter dargestellt, das so eine andere Historie
suggeriert und Leute ein falsches Bild davon bekommen. Zudem weiss man irgendwie
wie alles abläuft und wie es ausgeht, was bei 2 Stunden Laufzeit mitunter etwas
langweilig erscheint. Wer aber auf Hochglanz Soap-Operas steht, wird hier
vollkommen bedient. Und ja, es gibt einige Szenen, die sind recht interessant,
aber leider nicht der Film als Ganzes. Die DVD bietet zusätzlich: Interviews,
Trailer, usw..
Hintergrundinfos:
Der Film basiert auf dem gleichnamigen Buch von Iny Klocke und Elmar Wohlrath
zusammen als Iny Lorentz. Gedreht wurde, unter anderem, in Budapest Ungarn.
Zu vergleichen mit „Die
Wanderhure (Teil 1.)“, „Die
Rache der Wanderhure (Teil 2.)“, „Das
Vermächtnis der Wanderhure (Teil 3.)“.
BRD, Österreich, Ungarn Spiel. 2010
Genre: Historienfilm, Drama, Mittelaltersoapopera
Min. ca. 120 DVD
Regie: Hansjörg Thurn
Drehbuch: Gabriele Kister
Produzent: Andreas Bareiß, Sven Burgemeister, Gloria Burkert, Josef Aichholzer,
Stefan Gärtner, Joachim Kosack, Zsuzsa Kulcsár, László Kántor, Bernhard
Natschläger, Wolfgang Rhaden, Patrick Noel Simon, László Sipos
Darsteller/in:
Alexandra Neldel - Marie Schärer/Hannah*
Bert Tischendorf - Michel Adler*
Alexander Beyer - Jodokus von Arnstein/Ewald von Marburg
Götz Otto - König Sigismund von Luxemburg*
Miguel Herz-Kestranek - Tuchhändler Schärer
Thomas Morris - Pfalzgraf Ludwig III
Gregor Seberg – Hunold*
Nadja Becker – Hiltrud
Elena Uhlig - Gräfin Mechthild von Arnstein
Thure Riefenstein - Graf Dietmar von Arnstein
Julian Weigend - Ruppertus Splendidus/Bastard von von Keilburg
Michael Brandner - Graf von Keilburg*
Blerim Destani - Giso
Lili Gesler – Konkubine Madeleine
Adele Neuhauser - Tante Mina
Daniel Roesner - Kleiner Soldat
Carmen Gratl
Oliver Simor - Contented Patron
Agathe Taffertshofer
Klaus Ofczarek - Richter Honorius von Rottlingen
Andreas Guenther - Linhart Merk
Attila Arpa - Utz Kaffli
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